Die Atomstromdebatte – CDU verstrahlt…

Sep
2009
19

posted by on Deutsch, Environment, National

Asse 2

Asse 2

————————–

Update 19.09 @ 22:24 Delhi:

OH MEIN GOTT, es ist noch alles viel schlimmer: Heise berichtet gerade, dass heute morgen der Zutritt von Lauge in Asse 2 „über Nacht und völlig unerwartet“ um zehn Prozent auf 11.370 Liter am Tag angestiegen ist!!! Warum das so dramatisch ist, könnt ihr euch im letzten Teil dieses Eintrages und dem verlinkten Zeit Artikel ja mal durchlesen…

————————–

Moin alle zusammen,

wer in den letzten Tagen ein wenig die Medien verfolgt hat, hat sicher die Aufregung um die Atomkraft mitbekommen. Nicht nur hat Frau Schavan eine Studie in Auftrag gegeben, die sich nun ausdrücklich positiv über Atomkraft äussert und aus wahltaktischen Gründen zurückgehalten wird, sondern auch unser aller „ich seh gut aus und kann trotzdem nix“ Guttenberg hat sich nicht lumpen lassen und will nach der Bundestagswahl eine 3-jährige Studie zur Untersuchung der Sicherheit von modernen Atommeilern erarbeiten lassen. Das interessante Wort dabei ist „modern“, denn dabei geht es nicht um die aktuell bestehenden Atomkraftwerke in Deutschland, sondern um die Atomkraftwerke der 3. oder 4. Generation, die wir gar nicht haben. Zusammengenommen kann man daraus lesen, dass Atomstrom in der CDU zu mindestens noch eine starke Lobby hat. Andere sehen darin einen Hinweis darauf, dass die CDU neue Atomkraftwerke bauen lassen will – da bin ich etwas skeptisch. Dennoch möchte ich hier noch mal etwas genauer auf das Thema Atomstrom eingehen, als ich das schon an anderer Stelle getan habe. Während ich das letzte Mal hauptsächlich auf die mangelnde Wirtschaftlichkeit der Atomkraft eingegangen bin, möchte ich im Folgenden noch mal das Endlagerproblem näher beleuchten ebenso wie die Frage, ob wir Atomstrom bzw. einen Ausbau der Atomkraft überhaupt noch brauchen.

Im Zusammenhang mit der Atomkraft hat sich die CDU auf die Sprachregelung geeinigt, dass es sich dabei um eine „Brückentechnologie“ handele. Das ist schon recht lustig, denn die Brückentechnologie besteht ja nun schon seit knapp 50 Jahren, da muss man sprachlich schon recht wendig sein, um das als „Brückentechnologie“ zu deklarieren. Besonders schön in diesem Zusammenhang ist das Interview von der Zeit mit dem ehemaligen Leiter des Umweltbundesamts (UBA), Andreas Troge, wohlgemerkt ein CDUler:

Das CDU-Umweltprogramm von 1989 sagt: Die Kernenergie ist eine Übergangsenergie, bis Ersatz gefunden ist. Wenn ich heute von meiner Partei höre, die Kernenergie sei immer noch eine Übergangsenergie, dann frage ich mich, was wir in 20 Jahren gemacht haben; wir haben dafür gesorgt, dass die erneuerbaren Energien schnell wachsen! Und wenn ich weiter höre, dass Mitglieder meiner Partei die Kernenergie als »Ökoenergie« bezeichnen, dann verschlägt es mir geradezu die Sprache. Man kann doch einer Energieform nicht nur deswegen das Ökoetikett verpassen, weil bei ihrer Nutzung vergleichsweise wenig Treibhausgase entstehen. Das ist vorsätzlich eindimensional

Selten war ich mit einem CDUler so d’accord 🙂 Dumm nur, dass der Rest der Partei das wohl nicht so sieht wie Herr Troge. Was mich dann wieder daran erinnert, wie das so läuft in der Politik: Expertenwissen wird nur dann genutzt und anerkannt, wenn es politisch opportun erschein. Von vielen Seiten wird dann ja auch oft das Argument gebracht, dass wir auf Atomstrom nicht verzichten können und dann von einer Stromexport-Nation hin zu einer Stromimport-Nation entwickeln würden, die dann Strom aus den weniger sicheren Atomkraftwerken aus dem Ausland importieren müsste. Das das so nicht ganz richtig ist, haben schon diverse Studien ergeben. Wie das mit Studien immer so ist, sind natürlich auch die irgendwie politisch gefärbt. So kann man mit der Studie der Stromwirtschaft nahe stehenden DENA argumentieren, dass wir eine „Stromlücke“ bekommen werden, allerdings wird die Studie der DENA dann von einer des UBA und der Deutschen Umwelthilfe widerlegt. Grundsätzlich ist die Atomkraft aber weltweit eher ab- als zunehmend, wie sich auch hier beim ZEIT Lügendetektor wunderbar nachlesen lässt. So sind laut einer Studie des Umweltministeriums zurzeit weltweit 435 Reaktoren in Betrieb - neun weniger als 2002. Dabei sinkt der Anteil der Atomkraft an der weltweit genutzten Endenergie seit Jahren und macht nur noch 2 Prozent aus. Auch der Neubau von Atomkraftwerken ist seit Jahren eher stockend. Schön auch der ziemlich gescheiterte Versuch der Türkei, einen Anbieter für den Bau eines Atomkraftwerks zu vernünftigen Preisen zu finden…

Wenn nun also ein Neubau keine Sinn macht, weder aus ökologischer noch wirtschaftlicher Perspektive, wie sieht das dann aus mit der Verlängerung der Laufzeiten der schon bestehenden Atomkraftwerke? Nun, dagegen spricht zum einen, dass ein Festhalten am Atomstrom den Ausbau und die Verbreitung von Erneuerbaren Energien beeinträchtigt, wie man bei der TAZ nachlesen kann. Hauptproblem dabei ist unser altes Stromleitungsnetz, dass mit der Entwicklung der Erneuerbaren Energien nicht mithält und nicht genug Kapazität hat, den Strom abzutransportieren:

Windlobbyist Bischof beurteilt die Gesamtentwicklung positiv. Das Ausbautempo des Stromnetzes sei zwar zu langsam gewesen. Doch: „Das bessert sich.“ Auch bei den Hochspannungsleitungen werde momentan viel getan, „wir gehen davon aus, dass der Netzausbau ausreicht.“ Sollten jedoch die Atomreaktoren länger laufen, sei das „in Frage gestellt“. Denn durch das Abschalten der AKWs würden Kapazitäten im Fernleitungsnetz frei, sagt Bischof.

Gravierender als die Behinderung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien ist meiner Meinung nach jedoch die Frage der Entsorgung des Atommülls. Natürlich kann man das so machen wie in Italien, wo die Mafia den Atommüll einfach mal ins Meer kippt und der dann da vor sich hin gammelt und alles verseucht. Sollte man aber vielleicht lassen. Deswegen erforscht Deutschland ja auch seit Jahrzehnten nicht nur Gorleben, sondern auch Asse 2. Dabei möchte ich euch ausdrücklich den Artikel „Das Lügengrab“ von Roland Kirbach ans Herz legen, der sehr gut beschreibt, was eigentlich seit Jahrzehnten rund um die Asse schief gelaufen ist und warum uns das wahrscheinlich auch noch Jahrzehnte beschäftigen wird.

Wenn also klar ist, dass der Neubau keinen Sinn macht, die Verlängerung auch keinen Vorteil hat, ausser das die großen Stromkonzerne sich weitere Milliarden an Profit dazuverdienen, dann sei die Frage gestattet, ob die CDU einfach keine Ahnung hat, wovon sie redet oder ob sie einfach zu ignorant ist, um die Probleme anzuerkennen und entsprechend politisch zu Handeln. Wer den Ausstieg aus dem Atomausstieg fordert und sich auch noch Gedanken zum Neubau von Atomkraftwerken macht, der ist ein politischer verstrahlter Geisterfahrer der mit der Zukunft der kommenden Generationen spielt.

Ach ja, noch ein kleines feines Detail zum Schluss. Vielfach wird ja auch gerne behauptet, dass die Erneuerbaren Energien ja immer noch so unverhältnismäßig hoch subventioniert würden. Kleine Frage, einen Ahnung was die Atomwirtschaft an Subventionen bekommen hat? Nein? Tja, der Tagesspiegel schreibt dazu:

Greenpeace hat nun eine neue Studie vorgelegt, die zu dem Schluss kommt, dass zwischen 1950 und 2008 rund 165 Milliarden Euro Fördermittel an die Atomindustrie geflossen seien. Dazu kämen weitere 92,5 Milliarden Euro, die in Zukunft noch ausgegeben werden müssten.

AUTSCH!

Und weg, euer Strothi

Tags: , , , , , , ,

1 comment

Trackback e pingback

  1. Strothi erzählt was ihn bewegt... // Deutsch // Die Strahlkraft der Atomlobby
    [...] gelandet ist, brauch ich da ja auch nicht mehr groß drauf eingehen. Passt aber natürlich wunderbar zu meinem letzten…