Quo Vadis? – Die SPD und der Weg in die Zukunft

Sep
2009
30

posted by on Deutsch, International, National

SPD_GPSMoin,

nachdem ich einige Tage das Debakel bei der Wahl erst mal sacken lassen musste und ich eben drüben bei F!XMBR den 13 Punkte Plan von Chris durchgelesen habe, hab ich mich entschlossen, hier mal eben ein paar Gedanken dazu aufzuschreiben. Zuerst einmal ist das Ergebnis mit Sicherheit nicht so unerwartet gekommen – geschockt hat es mich dennoch. Naja, mal absehen, was die drei Parteien daraus jetzt machen. Leichter wird es für „Ich moderier mal und hab keine Meinung“-Angie sicher nicht.

Mit Spannung werde ich in der nächsten Zeit auch die Koalitionsverhandlungen beobachten. Dabei wird es interessant zu sehen sein, ob sich die FDP wirklich durchsetzt und wie angekündigt das Zugangserschwerungs-gesetz stoppt und auch die anderen Sicherheitsgesetzte wie die Vorratsdatenspeicherung wieder auf den Prüfstein kommen. Ebenso spannend wird es bei Geschacher um die Ministerposten. Mir ist ja so ziemlich egal, welches Amt der Guido übernimmt – so lange er nicht Aussenminister wird (Soll das doch der Guttenberg machen!) Wer sich vor der Presse so dermaßen blamiert wie der Guido wenn er was auf Englisch erzählen soll, der soll doch lieber in Deutschland sein Unwesen treiben.

Und nein, ich möchte da Fefe widersprechen, der meint, ein Ãœbersetzter würde es ja tun. Zum einen weiß ich aus diversen internationalen Verhandlungen, dass es immer besser ist, wenn man sich selbst gut auf Englisch ausdrücken kann und somit direkte Gespräche führen kann, zum Anderen bin ich mir nicht sicher, ob Guido die Notwendigkeit für einen Ãœbersetzer sehen würde (Man denke da an das „Tee trinken“ Angebot an den armen Journalisten der BBC…). Na gut, ich schweife ab vom eigentlichen Thema: Der SPD

Momentan wird ja viel darüber spekuliert, welcher Parteiflügel sich durchsetzen wird und wer welchen Posten bekommt. Das Steinmeier besser Parteivorsitzender geworden wäre und den Fraktionsvorsitz Siggi hätte überlassen sollen, sehe ich ebenso wie Lorenz Maroldt von der Zeit. Naja, mal abwarten was da noch so passiert.

Wählerwanderung

Interessanter finde ich die 13 Punkte, die Chris aufgeschrieben hat und von denen ich die meisten teile, allerdings auch einiges deutlich anders sehen. Fangen wir an mit der Frage, wohin denn die SPD Wähler so verschwunden sind:

Gut, die Nichtwähler sind deutlich in der Mehrheit, aber erstaunlicher Weise ist der größte Teil NICHT Richtung links abgewandert, sondern hat sich schön über das politische Spektrum verteilt. 1 Million sind rüber zu schwarz-gelb, haben die sich 2005 alle vertan als sie SPD gewählt haben, oder wie? Eine Forderung nach einem Linksruck der Partei lässt sich daraus jedenfalls nicht ableiten.

Bewertung der Schröder-Politik

Chris geht in den ersten drei Punkten auf die Schröder-Politik ein und fordert eine Entschuldigung für die Agenda 2010, Hartz Gesetze und die Rente mit 67. An dieser Stelle muss ich ihm aber deutlich widersprechen. Ja, das waren harte Einschnitte die sicher viele Menschen getroffen haben, ABER sie waren genauso notwendig und richtig! Nur so konnten unsere sozialen Sicherungssysteme erhalten werden und somit der soziale Zusammenhalt in Deutschland – auch wenn das zynisch klingen mag. Eine Alternative dazu habe ich und sehe ich auch jetzt nämlich nicht. Und ja, ich hab Freunde die von Harzt 4 leben, mich wird die Rente mit 67 selbst (wenn nicht sogar erst mt 70, wer weiß das jetzt schon?) ereilen. Sollte man darüber jubeln? Nein! Aber dennoch waren das wichtige Reformen, die so auch nur von Rot-Grün durchgesetzt werden konnten – vor allem gegen die eigenen Anhänger. Und an diesem Punkt hat Chris dann vielleicht ein bisschen recht. Viele Menschen haben noch nicht verstanden, warum diese Reformen so notwendig waren. Dafür bedarf es dann aber keine Entschuldigung, sondern eine offensive Verteidigung der Politik! Gerade der Schlingerkurs innerhalb der Partei – gerade auch in Bezug auf das was sie selbst erreicht hat – sorgt doch für die Verwirrung beim Wähler. Das die Mehrheit sich hier eine linkere SPD wünscht, glaub ich angesichts der Zahlen von oben nicht. Daher teile ich auch seine Forderung nach den Rücktritten des „Schröder-Clans“ nicht. Ein Finanzminister Steinbrück hat meiner Meinung nach ausgesprochen gute Arbeit geleistet und ich finde es wirklich schade, dass er sich nun aus der ersten und zweiten Reihe zurückzieht. Das ein Generationenwechsel notwenig ist sehe ich auch so, aber dieser sollte nicht zwangsläufig mit einem Linksruck einher gehen!

Der Afghanistan-Einsatz

Mit allen anderen Punkten bin ich recht einverstanden, aber beim Thema Afghanistan frage ich mich manchmal, was für ein aussenpolitisches Verständnis die Leute haben? Wie kann man der SPD vorwerfen, nicht mehr die „Anti-Kriegs-Partei“ zu sein, wenn diese Position vollkommen an der globalen Realität vorbeigeht? Klar kann man sagen „Interessiert mich doch nicht, was in Afrika, Asien oder im Osten passiert!“ und sich dann auch Interventionen verschliessen, die militärische Mittel einsetzen. Aber wäre dies angemessen? Wie kann man ersthaft der SPD und den Grünen vorwerfen, sich am Einsatz im Kosovo beteiligt zu haben? Hätte man den mordenden Serbischen Einheiten einfach weiter freie Hand lassen sollen? Ja, natürlich bin ich für diplomatische Lösungen, aber daran ist nun mal nicht immer die andere Seite interessiert. Der Milosevic hat doch mit der internationalen Gemeinschaft ein Katz und Maus Spiel zu Lasten der Menschen in der Region gespielt, bis endlich militärisch eingegriffen wurde.

Dabei muss man klar unterscheiden. Ja, ich war und bin immer gegen den Irakkrieg gewesen. Ich habe in Osnabrück die Schülerdemo damals dagegen organisiert und war aktiv an der Orga der Friedenskette zwischen Osnabrück und Münster beteiligt. Warum? Weil mit von Anfang an klar war, dass ein Einmarsch der Amis (ohne einen konkreten Plan für die Zeit danach) unilateral und ohne Mandat der UN nicht nur ein Verstoß gegen das Völkerrecht darstellte, sondern auch die Situation für die Iraker auf lange Sicht eher verschlimmern als verbessern würde. Deshalb ist es auch nicht widersprüchlich, dass ich FÜR den Afghanistan Einsatz bin. Denn hier hat die Bevölkerung unter einem unfassbar brutalem Regime gelitten bei dem die Aussicht auf eine Verbesserung der Situation durch eine militärische Intervention deutlich besser aussah. Viel wichtiger noch: Hierbei handelt es sich um einen von den Vereinten Nationen mandatierter Einsatz!

Im Rahmen meines Studiums habe ich mich schon mehrfach mit Afghanistan und der Situation vor Ort beschäftigt und verfolge seitdem die Lage recht genau. Natürlich handelt es sich dabei mittlerweile um einen kriegerischen Einsatz und über die Sprachregelung der Bundesregierung kann man vortrefflich streiten. Dennoch ist der Einsatz wichtig und richtig! Sollten wir etwa den Kampf aufgeben und die Afghanen wieder ihrem Schicksal so überlassen? Was für eine Moral wäre das? Nein, wir haben den Afghanen – zu Recht – eine bessere Perspektive versprochen und dann müssen wir auch dafür sorgen, dass das klappt. Klar lässt sich sagen, dass für den Aufbau doch die zahlreichen NGOs zuständig sein sollten. Doch auch diese brauchen ein Mindestmaß an Sicherheit, um vor Ort arbeiten zu können. Ja, die Strategie vor Ort muss sich auch mehr dem Wiederaufbau und der Einbindung der lokalen Bevölkerung widmen, aber ein Rückzug der Bundeswehr wäre schlicht nicht zu verantworten. Provokant gefragt: Hätten die Alliierten Deutschland auch einfach sich selbst nach dem 2. Weltkrieg überlassen sollen? Nein! (Und kommt mir nicht mit dem deutschen Wirtschaftswunder, das profitierte doch von den Grundlagen des Mashallplans). Auch hier sehe ich eher die Notwendigkeit, mehr Transparenz über den Einsatz und seine Bedingungen zu schaffen und entsprechend zu kommunizieren, warum der Einsatz so wichtig ist, als sich davon zu distanzieren. Sicher ist ein Plan, wann die Soldaten abgezogen werden sollen, nicht per se falsch. Nur darf dieser nicht unabhängig von den Realitäten vor Ort verfolgt werden. Wenn die Afghanen so weit sind, eigenständig für ihre Sicherheit sorgen zu können, DANN und nur dann sollten unsere Truppen abgezogen werden! Bis dahin sollten sie ihre wichtige und richtige Arbeit in Ruhe verrichten können, ohne das ständig der Sinn und Zweck dieses Einsatzes hinterfragt wird!

So, das dazu 😉

Und weg, Strothi

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