Christian Wulff & die Haltbarkeit einer Krawatte

Jul
2010
02

posted by on Deutsch, National

Liebe Leute,

was keiner für möglich gehalten hatte wurde doch noch wahr – wir haben eine spannende Wahl des Bundespräsidenten erlebt. Allein die Tatsache, dass da Spannung drin war, ist meiner Meinung nach schon ein Gewinn für unsere Demokratie an sich. Nicht nur, dass schon im Vorfeld unglaublich viele Menschen sich auf einmal mit den Kandidaten und der Rolle des Bundespräsidenten auseinander gesetzt haben, sondern auch, dass es zu einer echten Wahl kam. Dabei kann man nun spekulieren wie man will, was die Schwarz-Gelben – gerne als „Abweichler“ verunglimpften – Wahlmänner und Wahlfrauen dazu motiviert hat, Christian Wulff nicht zu wählen, sie haben es nicht getan. Ob das nun aus dem Wunsch, der Kanzlerin einen Denkzettel zu verpassen, oder aus aufrichtiger Ãœberzeugung, mit Herrn Gauck den besseren Kandidaten zu wählen, passierte, bleibt ungewiss. Sicher ist aber, dass es auf einmal unheimlich spannend wurde, womit vorher keiner gerechnet hatte. Wie sich die Parteien dabei geschlagen haben ist mittlerweile von verschiedenen Seiten kommentiert worden, zum Beispiel drüben bei Jens oder auf Tagesschau.de

Die Linke auf dem Holzweg

Eine besonders unglückliche Rolle spielte dabei die Linke. Während sie schon im Vorfeld der Wahl ein äußerst unrühmliches Bild abgegeben hatten und einige sich mit abschätzigen Äußerungen über Joachim Gauck mal wieder für eine vernünftige politische Auseinandersetzung disqualifiziert hatten, lieferte sie während des Wahlgangs ein noch chaotischeres Bild ab. Eine Partei, die nicht auf einen dritten Wahlgang vorbereitet ist, ist mit naiv und unvorbereitet noch wohlwollend beschrieben. Sich dann weder für den einen, noch für den anderen Kandidaten zu entscheiden ist dabei besonders schwach. Wer Gestaltungsmacht besitzt, sollte diese auch einsetzen und sich nicht in seinen Sandkasten zurückziehen und wieder anfangen, Sandburgen zu bauen. Dabei kritisiere ich insbesondere die Empfehlung der Parteiführung. Mir ist bewusst, dass jeder der Wahlmänner und Wahlfrauen nur seinem Gewissen verpflichtet ist und sonst nix, schwach ist eine kollektive Verweigerung aber dennoch.

Der neue Bundespräsident

Als gebürtiger Niedersachse und Osnabrücker ist mir Christian Wulff schon lange bekannt… Schon in Niedersachsen habe ich ihn nicht als „gestaltenden Politiker“ mit einer Vision erlebt, sondern eher als zurückhaltend, abwartend und eher präsidial (und einige echte Vollpfosten im Kabinett toleriert hat…). Das mag ihn zu einem einigermaßen akzeptablen Bundespräsidenten machen, aber akzeptabel ist meiner Meinung nach nicht ausreichend. Von Wulff erwarte ich mir keine „Hau-Ruck“-Reden, keine Visionen und er wird auch nicht der Mahner der für unsere Demokratie eintritt. Darüber hinaus kann man Wulff viel vorwerfen, rhetorisches Geschick gehört aber sicher nicht dazu. Wulff bietet sicher weniger Angriffsfläche als andere, aber brauchen wir nicht gerade jetzt einen Präsidenten der die politische Klasse – und insbesondere die Regierung – maßregelt, sie zur Verantwortung aufruft und kontinuierlich den Zeigefinger erhebt? All dies hätte ich eher Joachim Gauck als Christian Wulff zugetraut. Christian Wulff ist sicher ein ganz netter Kerl, vielmehr aber leider auch nicht. Vielleicht irre ich mich, vielleicht überrascht uns unser neuer Präsident. Zu wünschen wäre es ihm und uns!

Die Sache mit der Krawatte

Wie schon erwähnt komme ich gebürtig aus der Nähe von Osnabrück, der Heimatstadt von Christian Wulff. Während der EXPO 2000 war meine damalige Schule, das Gymnasium „In der Wüste“ (Jaaa, das heißt wirklich so – der Stadtteil heißt Wüste, das kommt aus dem Altdeutschen von „woest“ und steht für „unbewohnbar“. Früher war das ein Sumpfgebiet, heute Europas größte bewohnte Altlast) eine sogenannte „EXPO Schule“. Schon damals habe ich mich in der „Umwelt-AG“ engagiert und im Rahmen eines einjährigen Versuchs habe ich eine Krawatte von Herrn Wulff in der Erde verbuddelt. Nach einem Jahr haben wir sie wieder ausgebuddelt und nachgeguckt, wie der Zersetzungsprozess der Krawatte zugesetzt hat. Wenn Herr Wulff ähnlich gut durchhält wie seine Krawatte von damals, wird er zumindest seine Amtszeit wohlbehalten zu Ende bringen… 😉

In diesem Sinne,

Strothi

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