Antwort auf Herfried Muenkler

Jun
2009
17

posted by on Deutsch, English, Internet, National

Hey,

this post is going to be in german, as it is an open letter to a german professor, who wrote a column in a newspaper that really needs to be answered!

Moin alle miteinander,

via Markus von Netzpolitik.org habe ich heute Abend von der Kolumne von Professor Dr. Herfried Münkler in der Frankfurter Rundschau zum Thema Netzsperren erfahren. Diese Kolumne ist inhaltlich sowas von falsch und beleidigend, dass ich entschlossen habe, Professor Dr. Münkler eine Antwort auf seinen Artikel zu schicken. Diese könnt ihr hier abrufen, meine Antwort folgt unten:

Schönen guten Abend Herr Muenkler,

ich habe gerade ihre Kolumne in der Frankfurter Rundschau gelesen und muss sagen, dass ich wirklich schockiert bin, wie viel Unkenntnis und Populismus aus ihren Worten spricht. Anstatt sich mit den Inhalten des Gesetzesvorhabens auseinander zu setzen, beginnen sie mit dem Verweis auf Eigentumsansprüche im Internet. Der Kampf gegen das von Frau Ursula von der Leyen initiierte Gesetz hat jedoch in keinster Weise etwas mit Urheberrechtsfragen zu tun. Ihr Verweis darauf läuft also vollkommen ins Leere und versucht einen Zusammenhang zum Heidelberger Appell herzustellen, der schlicht und einfach nicht existiert.

Auch geht es nicht darum, dass das Internet

„gegen staatliche Einflussnahme verteidigt werden“

muss, sondern darum, dass der staatliche Einfluss auch in Einklang mit unserer Verfassung erfolgt. Diese besagt klar und deutlich, dass es eine Gewaltenteilung der drei Organe unseres Staates geben muss. Genau diese Gewaltenteilung wird aber beim vorliegenden Gesetzesentwurf nicht berücksichtigt. Auch steht im Grundgesetz im Artikel 5, dass die Freiheit der Medien gewährleistet bleiben muss wie auch der Zugang zu Informationen. Eine Sperrung von Webseiten stellt dazu einen klaren Widerspruch da, da hier ein Eingriff in die Informationsfreiheit erfolgt.

Anscheinend haben sie sich nicht einmal die Mühe gemacht, sich eingehend mit der Kritik am Gesetzesvorhaben zu befassen, sondern sprechen mindestens 134.014 Menschen klaren Sachverstand ab und scheren sie alle über einen Kamm. Als Politologe muss ich mich doch ernsthaft fragen, welche Form der Auseinandersetzung mit kontroversen Inhalten sie ihren Studenten vermitteln, wenn sie so unfassbar ignorant pauschal davon sprechen, dass es sich bei den kritisch denkenden Menschen, die sich mit der Materie auskennen, um

„eine eigentümliche Schar“

handelt.

„Einerseits kriminelle Geschäftemacher, die das Internet benutzen, um verbotene Produkte an den Mann zu bringen, und andererseits ein Ensemble von Freiheitskämpfern, die ihre anarchistischen (kein Staat!) oder kommunistischen Ideen (kein Eigentum) in der virtuellen Welt des Internets realisieren wollen.“

Diese pauschale und vollkommen abwegige Einschätzung lässt mich etwas ratlos zurück. Es ist eine Beleidigung für jeden der 134.014 Unterzeichner der Online-Petition gegen dieses Gesetzesvorhaben mit „kriminellen Geschäftemachern“ gleichgesetzt zu werden. Das die Debatte keinen Zusammenhang zu Urheberrechtsverletzungen hat, habe ich oben schon erwähnt. Mindestens ebenso abwegig ist ihre Einschätzung, dass die Internetgemeinde keinen Staat will. Hätten sie sich nur ein kleines bisschen mit Inhalten anstatt mit Polemik befasst, wäre ihnen aufgefallen, dass von Seiten der Internet-Community gefordert wird, dass der Staat die Seiten mit kinderpornografischen Inhalten LÖSCHEN statt SPERREN soll. Hier wird also ein wesentlich stärkerer Eingriff des Staates gefordert, der sich schlecht mit einer Abschaffung des Staates vereinbaren lässt.

Das ihre Darstellung der ontonischen Differenz eher zwischen ihrem Verständnis des Internets und dem realen Internet zu suchen ist, zeigt sich darüber hinaus in der Ignoranz, mit der sie das Internet von der Lebensrealität vieler Menschen trennen. Das Internet wird zunehmend auch an politischer Relevanz gewinnen, wie sich zum Beispiel gerade eindrucksvoll im Iran zeigt. Auch der Wahlsieg Barack Obamas ist zum Großteil auf eine sehr erfolgreiche Mobilisierung junger Leute durch das Internet zurückzuführen, die durch viele Kleinspenden Obama den Weg ins Weiße Haus geebnet haben.

Das ihr Satz:

„Die Trennbarkeit beider Welten ist die Voraussetzung dafür, dass in der virtuellen Welt nicht gelten muss, was in der Realität unabdingbar ist: dass die Freiheit des einen an der Freiheit des anderen ihre Grenze hat und dass diese Einsicht die Grundlage einer allgemeinen Gesetzgebung ist.“

impliziert, dass die Internet-Community Kinderpornographie auch nur im Ansatz tolerieren würde, ist ein weiterer Beleg dafür, dass sie leider Nichts verstanden haben. Sie sprechen davon, dass die

„Ideologie der Netzfreiheit ist durch den Vorstoß von Geschäftsinteressen desavouiert worden“

sei, haben selber allerdings nicht im Ansatz das Medium Internet verstanden. Sich trotzdem darüber ein Urteil anmaßen zu wollen, dass nicht nur inhaltlich absolut falsch ist, sondern gleichzeitig ein breite Anzahl an Menschen pauschal diskriminiert, ist erschreckend.

Sicher haben sie Fachwissen zu vielen politikwissenschaftlichen Themen. Leider lässt sich dies in Bezug auf das Medium Internet nicht sagen. Es bleibt mir also abschliessend noch mit einem alten und sehr wahren Sprichwort zu schliessen:

Schuster, bleib bei deinen Leisten!

Mit freundlichen Grüßen,

Philip Strothmann

Tags: , , , ,